Lippische Rose

 Auswanderung Lippe-USA 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Auswanderer-Nachfahre Daniel Boedecker:
„Ich fühle mich in Lippe wirklich zu Haus!"
Was Auswanderersohn Jerome C Arpke über die Fahrt der 112
Langenholzhausener 1847 nach Sheboygan Wisconsin berichtet

Abschrift aus dem Heft Heimatland Lippe Januar 1993

Die „Langenholzhausener Kolonisten", wie Jerome C. Arpke sie in seinem Buch bezeichnet, wollten eigentlich nach Iowa. Mit diesem Ziel setzten sie am 4. Mai 1847 mit der „Agnes von Bremen" Segel: 24 Familien, 13 unverheiratete junge Männer, zwei alleinstehende junge Mädchen. Landwirte, Zimmerleute, Tischler, Heuerlinge, Tagelöhner und Mägde.
Die Passage war niedrig, das Schiff dafür überladen. So herrschte „Schmalhans Küchenmeister", so Arpke in seinem Buch, das er nach den Schilderungen der Siedler
von Hermann Wisconsin geschrieben hat. Zahlreiche Passagiere, darunter auch drei Lipper, starben während der Überfahrt an Unterernährung und anderen Krankheiten.
Statt jedoch in New York, dem ersten Ziel anzulegen, brachte der Kapitän die Emigranten im kanadischen Quebec, hoch im Norden an Land, um der zu erwartenden Strafe wegen Überladens zu entgehen.
Es blieb den Lippern nichts anderes übrig, als teils zu Fuß, teils zu Pferde und zu Wasser über die großen Seen nach Westen zu ziehen
Unterwegs hörten sie von billigem Land in Sheboygan. Schon wollte sich die Gruppe teilen, da sprach der alte Reineking ein Machtwort, wie Jerome Arpke berichtet: „Wo wi Lipper henngoht, do goh we olle nenn!"
Und so machte man sich auf den Weg nach Sheboygan am Michigan See, was später hier und da auch „Neu Lippe" genannt wurde. Hier siedelten sie sich in Howard, das sie in „Hermann" umtauften, an und bauten mächtige Fachwerkhäuser - was genau falsch war. Denn diese wurden bis zum ersten Winter nicht fertig, und so saßen die 109 bald ohne Vorräte und Brot in eilig zusammengeschüppten Gras- und Laubhütten. Sie wären, wie in der Beschreibung jener Tage zu lesen ist, wahrscheinlich verhungert, hätten sich die findigen Handwerker nicht ihrer Schindelanfertigung von Lippe erinnert, aus rasch gefällten Bäumen Schindeln für die Häuser in Sheboygan gemacht und diese mit den Pferden „Fox" und „Peiter" an den Mann gebracht! Auch die folgenden Jahre waren denkbar hart. Doch die Gemeinschaft blieb beisammen, neue Lipper aus der alten Heimat folgten nach und halfen beim Aufbau der ersten reformierten Kirche sowie des später berühmten, lippischen Missionshauses des Pastors A. Winter.
Noch heute gelten Hermann, Howards Grove und das hochaufragende, backsteinerne Missionshaus als Zentrum lippischer Frömmigkeit und Kultur. Nicht weit davon entfernt, in Sheboygan Falls, steht das Historical Research Center. Mit 100.000 alten Fotos aus der Vergangenheit „Neu Lippes" und Bergen alter Dokumente über Leben und Sterben, Siedeln und Weiterziehen der neu-lippischen Bewohner.
Viele haben sich Jahre und Jahrzehnte später wieder auf den Weg gemacht, um da, wo es für sie besseres und billigeres Land gab, als Landwirte oder Handwerker zu siedeln; in Freeport Illinois, der ersten Zweigkolonie, dann aber auch in Hubbarb, Jardin County und bis an den Oregon Trail in Nebraska.
Gleichwohl besteht zwischen allen diesen „Lipper Settlements", bis hin nach Hermann Missouri, Detmold Missouri, Quincy Illinois oder Westphalia Indiana, eine bleibende Verbindung.
Nur eines war allen Lipper Kolonien nach und nach abhanden gekommen, bis auf Hermann Wisconsin: Der „Draht" zurück zum Lipperland. Kriege und antideutsche Kampagnen waren einige der Ursachen, wie Dr. theol. Friedrich Thiele und dessen Schwester Dorothee Thiele aus Lemgo aus eigener Erfahrung berichten:
Sie sind, während ihr Vater von 1923 bis 1927 Pastor der ref. Bethel-Kirchengemeinde in Sheboygan County war, als Kinder in Wisconsin aufgewachsen und haben - wie sie während des jetzigen Besuchs an der Wirkungsstätte ihrer Eltern berichteten - unter Schimpfworten wie „German witches" sehr gelitten - wie andere Deutschstämmige auch. Folge: Viele lippische Auswanderernachfahren änderten ihre Namen oder sprachen fortan nur noch Englisch.
Daniel Boedecker, dessen Wurzeln in Hohenhausen zu finden sind, hat sich, ebenso wie sein Vater, von solchen Ressentiments nie anstecken lassen. Als er vor Wochen zum ersten Mal die Heimat seines Urgroßvaters in Kalletal besuchte, meinte er: „Unsere Väter haben das Heimweh nach Lippe stets im Herzen behalten und sind deutsch geblieben. Jetzt weiß ich auch, warum:
Das Lipperland ist noch viel schöner und die Menschen sind noch viel freundlicher, als es uns unsere Väter und Großväter erzählt haben. Ich fühle mich hier tatsächlich wie zu Haus!"                                 Friedel Schütte

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