Lippische Rose

 Auswanderung Lippe-USA 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Familie Trophagen/Traphagen blüht in Amerika, aber nicht mehr in Lemgo.
Professor Günter Laue

Der Beleg für den zweiten Teil der Titelaussage ist schnell erbracht: im Telefonbuch Lemgos findet man keinen Anschluss unter diesem Namen. – Der Nachweis für den ersten Teil würde jedoch mehrere Transatlantikflüge erfordern (ersatzweise: Internetsitzungen). Da aber trotzdem noch einzelne Fragen offen bleiben, werden alle Lemgoer gebeten, die eine USA-Reise planen, dort soweit wie möglich nach den Spuren der Familie Trophagen/Traphagen Ausschau zu halten – entsprechend die Besucher aus USA.

Der Ausgangspunkt ist das 200-Seelendorf Trophagen, nur 4 km von Lemgo entfernt. Aufgrund alter Bindungen und durch eigenen Antrag wurde es am 1. Januar 1970 vom Landkreis Detmold aus- und in die Großgemeinde Lemgo eingegliedert. – Trophagen entstand durch Rodungskolonisation als „Hagensiedlung“. Die erste schriftliche Erwähnung als „Traphaghen“ geschah 1386 in den „Landesherrlichen Rechnungen“ (StA Detmold); einer der ersten bekannten Einwohner hieß „Traphaigen“ (Ältestes Lippisches Landschatzregister von 1488). Schon vorher taucht der Name in den Lippischen Regesten auf, als der Landesherr 1406 acht Teiche in der Senne an zwei Brüder „Traphaghen“ verpachtete. Bald findet man die Namensträger nicht nur auf den Ort Trophagen beschränkt: ab 1504 beginnt die Folge von ca. 20 Eintragungen der Familie Trophagen/Traphagen mit ihren verschiedenen Zweigen in das Bürgerbuch der Stadt Lemgo bis zum 30jährigen Krieg. Die damaligen Schreiber hielten den Unterschied zwischen den beiden Schreibweisen für unwichtig, sodass oft ein und dieselbe Person einmal Trophagen, ein andermal Traphagen genannt wurde. Im Folgenden wird der in Amerika allein benutzte Name „Traphagen“ bevorzugt.

In der Geschichte der Familie Traphagen spiegelt sich weitgehend das Schicksal der Hansestadt Lemgo wieder: Lemgo war bis zum 30jährigen Krieg die reichste Stadt Lippes und die einzige mit bedeutendem Fernhandel. Viele Familienmitglieder gehörten der Bürgerschaft an und trugen damit ihren Anteil dazu bei, davon einige in herausgehobenen Positionen.

Mit der Dauer des Krieges wurde die wirtschaftliche Lage der Stadt und in der Folge auch die der Familie Traphagen immer schwieriger. Aus den Senatsprotokollen von 1625/26 ist z.B. zu ersehen, dass der Ratsherr Hermann Traphagen sein Haus wegen der vielen Gläubiger schätzen lassen musste und schließlich meistbietend verkaufte. Plünderungen durch kaiserliche und schwedische Truppen, Verluste durch Hexenverfolgung und Pest und auch die selbstverschuldeten Folgen durch die Verlegung der lippischen Residenz von Brake nach Detmold führten zu einer annähernden Halbierung der Einwohner- und Häuserzahl. In einem 1651 aufgestellten Verzeichnis der im 30jährigen Krieg „ruinierten Häuser“ (StA Lemgo) sind die Häuser von Arndt, Jacob und Johannes Trophagen ( Wilhelms Vater, Echternstrasse 94 ) aufgeführt. - Nach dem Krieg waren „Traphagen“ auch in Detmold, Bielefeld, Lippstadt, Enger und Luthe/Niedersachsen nachzuweisen.

Unter denen, die die Stadt Lemgo verließen, war Wilhelm Traphagen, ein Sohn des geachteten Bürgers Johannes Tr. und seiner Frau Helena geb. Derenthal. - Johannes Tr. war Ratsherr, Doktor der Medizin und Sohn des Anton Tr., der sich 1606 an der Stiftung eines heute noch zu bewundernden Kronleuchters in der Stadtkirche St. Nicolai beteiligt hatte. - Wilhelms Bruder hieß ebenfalls Anton und war seit 1638 Pastor in Almena. - Wilhelms Onkel war Kanzler in Herford. – Helenas Vater diente der Stadt als Ratsherr und Ratssiegler. - Diese starke Verwurzelung prägte Wilhelm bis in sein Alter; später ist ihm das einzige vollständige Stammbuch eines der ersten Siedler New Hollands (New Yorks) zu verdanken.
Zunächst lockte das „Goldene Zeitalter“ Amsterdams, Wilhelm bewarb sich dort 1646 als „journeyman baker“ (zweiter Bäcker) und nannte sich fortan „Wilhelm Jansen“. Er heiratete Jannetje Claesen Groevnis und war im nächsten Jahr schon Bäckermeister. Der Wohlstand wuchs, und nach mehreren Jahren entschloss sich Wilhelm Jansen, dem Ruf des 1612 in Amerika gegründeten „New Holland“ zu folgen und dort Fuß zu fassen. Unter dem Governor Peter Stuyvesant gehörte er zu denen, die 1656 den Indianern Land abkaufen und sich dort erste Häuser errichten konnten.
Jannetje hatte ihm drei Kinder geschenkt, starb aber schon 1657; er heiratete noch zweimal. 1671 hinterlegte er eine für damalige Zeiten vorbildliche eidesstattliche Aussage über seine Familienverhältnisse, in der u.a. ein Hinweis auf die Trophagen-Stiftung in Lemgo enthalten war, die heute noch, wenn auch entwertet, von der Stadtkasse Lemgo verwaltet wird. Wilhelm Jansens Kinder wären berechtigt gewesen, in den Genuss der Benefizien zu kommen, z.B. durch ein Studium. Er hatte insgesamt 7 Kinder und entsprechend viele Nachfahren. Der Erfolg Wilhelm Jansens regte anschließend drei weitere Traphagen aus Luthe/Niedersachsen zur Auswanderung an, deren Familien wahrscheinlich schon vorher Lemgo verlassen hatten. Auf diesen 4 Säulen ruht die gesamte Nachkommenschaft, die heute etwa soviel „Traphagen“ umfasst wie der Ort Trophagen Einwohner aufweist. – Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Träger dieses Namens so gut in ihrem Gastland integriert und soviel Verdienste erworben, dass man ihren Anteil an der amerikanischen Geschichte kaum vernachlässigen kann. Einen Hinweis liefert z.B. die Library of Congress in Washington D.C., in deren Katalog über 50 Bücher mit einem Verfasser Traphagen oder einem Nachfahren zu finden sind (einschließlich der Pulitzer-Preisträgerin M. K. Rawlings). - Anhand einer USA-Karte mit Bemerkungen und Kurzbeschreibungen kann ihre Bedeutung verfolgt werden: Trophagen/Traphagen in den USA und Canada