Lippische Rose

 Auswanderung Lippe-USA 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Menschen vom lippischen Boden
Fritz Albeke, ein berühmter Chorleiter

Die Lipper sind ein Wandervölkchen, das seit Menschengedenken und nach den Mitteilungen in vergilbten Pergamenten und alten Schriften schon von jeher in der Fremde das gesucht hat, was die Heimat ihm versagte, das aber gleichviel in treuer Anhänglichkeit zurückkehrt an den trauten heimischen Herd, wo seine Wiege stand. Manche dieser Menschen vom lippischen Boden haben gar dem Vaterlande den Rücken gekehrt, sind ausgewandert, aber sie haben auch in fernen Landen die Fahne des Deutschtums hochgehalten, und das nicht nur in Zeiten des Glückes, sondern auch in dunkler Trostlosigkeit, da man, an jeder Zukunft des Volkes verzagend, dessen edelste Güter unrettbar verloren glaubte. In dem ewig frischen Born der Heimat, in dem belebenden Strome deutscher Bildung, um all des anderen zu geschweigen, ruht eine unerschöpfliche Kraft der Erhaltung und Wiedergeburt. Am Anfang unserer Geschichte steht der lippische Odysseus, der Edelherr Bernhard II., der Schirmherr des Deutschtums in den slawischen Ostseeprovinzen, und wir alle wissen von einem Engelbert Kämpfer, dem wagemutigen Weltreisenden, der den Ruhm seiner Heimat hinausgetragen hat nach Russland, Persien und Japan.

Zu diesen Helden gehört auch Fritz Albeke, der am 17.März 1880 in Detmold geboren wurde. Von den Musen hatte Polyhymnia an seiner Wiege gestanden. Die Eltern erkannten und würdigten diese Gabe und ließen ihm schon vom sechsten Lebensjahre an Unterricht im Klavier- und Geigenspiel erteilen. Das musikalische Leben der Landeshauptstadt zog ihn in seinen Bann und ließ schon früh den Entschluß in ihm reifen: „Du musst Musiker werden!“ Die Eltern waren damit nicht einverstanden, da ihnen das Gespenst der brotlosen Kunst vorschwebte, und bestimmten den aufgeweckten Knaben für den Lehrerberuf. Im Jahr 1898 bestand er an dem Landes-Seminar zu Detmold seine erste Lehrerprüfung. Kaum hatte er seine Anstellung erhalten, als er dem Lehrerberufe freiwillig entsagte, um sich ganz der Musik zu widmen. Seine Lehrer im Klavier- Orgelspiel und Gesang waren Prof. Walkerling und Musikdirektor Th. Vehmeyer, der ihn schon im Seminar unterrichtet hatte und als Mitglied der neuen Bachgesellschaft zu Leipzig weiteren Kreisen bekannt geworden ist, während der Hofmusiker Lohmann und der Kapellmeister Emil Siefke die weitere Ausbildung im Violinspiel, in Harmonielehre, Kontrapunkt usw. übernommen hatten. Eine Musik-Hochschule hat Albeke nicht besucht.

Das war auch wohl der Hauptgrund, weshalb er im eigenen Vaterlande trotz aller anerkannten Tüchtigkeit keinen festen Fuß fassen und sich nicht durchsetzen konnte. Das Wort: „Freie Bahn dem Tüchtigen!“ war damals noch nicht geprägt und konnte somit auch noch nicht zu einer billigen Redensart geworden sein.

Was die Heimat ihm versagte, fand er in der Fremde, im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten.
„ Es geht der Jugend Streben, nach einem schönen Traum „, aber das Wagnis gelang; er fand bei seinen deutschen Stammesgenossen die Anerkennung, die ihm die Heimat vorenthalten hatte; er fand Arbeit und Brot.

Im August 1902 traf Fritz Albeke in Neuyork ein und fand Stellung als Chorleiter verschiedener Gesangvereine. Seine Gesangstechnik war ausgezeichnet. Nach dem Urteil eines seiner Sänger hatte er die Gabe, ihnen mehr zu sein, als lediglich der Mann mit dem Taktstock. Mit einer angenehm klingenden und recht gut ausgebildeten Stimme begabt, machte er den Sängern vor, wie man richtig atmet, phrasiert, ausspricht und den Ton „nach vorn“ legt. Das Ergebnis war, dass selbst kleinere von ihm geleitete Vereine an Leistungsfähigkeit bedeutend zunahmen und durch wohlabgerundete, gutklingende Vorträge überraschten. Der gute Ruf des kleinen, schneidigen Chormeisters verbreitete sich in der Sängerwelt rasch und öffnete ihm bald die Pforten zu größeren Vereinen, deren Chöre ihm anvertraut wurden; wir nennen hier zunächst nur den Brooklyn-Sängerbund und den Neuyorker Sängerchor, den er über 10 Jahre lang geleitet hat. Fritz Albeke war eine zugreifende und rührige Natur, die immer mit großer Entschiedenheit auftrat. Sein jugendliches Gebaren hat er in seinem ganzen, allerdings nur kurzen Leben nie überwunden, aber wer ihm nahe kam, verfiel dem ganzen Zauber seines Wesen. Er sah seine Stellung und Aufgabe nicht nur für sich allein an; er brachte sie in Zusammenhang mit dem ganzen Volksleben, mit den hohen Aufgaben, die ihm unter seinen deutschen Volksgenossen erwuchsen.

An Ehrungen hat es ihm nie gefehlt. Mit seinem Kreutzer-Quartett-Klub errang er auf dem Neuyorker Sängerfest im Jahre 1909 den Kaiserpreis und als Chorleiter der vereinigten Sänger von Hudson County den Städtepreis. Im Jahre 1911 unternahm er mit dem Brooklyn-Sängerbund die vielbeachtete Deutschlandreise, die ihm auch im Vaterlande Anerkennung einbrachte. Neben diesem Gesangverein und dem auch schon erwähnten Neuyorker Männerchor leitete er noch die Union Hill-Liedertafel und den Jersey-City-Liederkranz.

Es war während des Weltkrieges, Anfang Dezember 1917, als Fritz Albeke in seiner Übungsstunde plötzlich von einem Unwohlsein befallen wurde, das sich bald derart verschlimmerte, dass er das Lincoln-Hospital Bronx aufsuchen musste. Nach kurzem Krankenlager fiel er der heimtückischen Krankheit am 7.Dezember zum Opfer. Die Leiche wurde nach der Neuyorker Männerchorhalle übergeführt. Hier veranstalteten die deutschen Sängerschaften und Chorleiter am 10 Dezember, nachmittags 1 Uhr, eine Gedenkfeier, der von einem Trauerchoral eingeleitet wurde, der aus einem aus den Vereinen, die Fritz Albeke geleitet hatte, gebildeten Massenchor gesungen wurde. Hierauf sprach Pastor Dr. Popke ein Gebet, dem sich ein tiefempfundener Nachruf des Verbandes deutscher Chorleiter anschloß. Für den Neuyorker Männerchor sprach dessen Vorsitzender Adolf Zapke. Nachdem der Chor noch ein Trauerlied gesungen hatte, zogen die Vereine an dem über und über mit Blumen und Kränzen geschmückten Sarge vorüber, worauf die Beerdigung auf dem lutherischen Friedhof stattfand. Am offenen Grabe feierte Rechtsanwalt Edward J. Fandrey, der Präsident des Brooklyn-Sängerbundes, die Verdienste des Entschlafenen um das deutsche Lied und entbot ihm den letzten Gruß seiner getreuen Sängerschar. Dann fielen die ersten Schollen auf den Sarg des Mannes, der es wie nur wenige verstanden hatte, schon in jungen Jahren einen großen Kreis guter, treuer Freunde um sich zu sammeln, der leider im blühenden Alter von noch nicht 38 Jahren heimging in eine bessere Welt.

Hierher begruben die Freunde den lippischen Sänger,
Aber dem Tode fern lebt er im Lichte des Ruhms!

http://www.lippe-auswanderer.de/AuswandererLippe-USA/html/p010561.htm#P10561

Abschrift aus: Lippische Landes-Zeitung vom 28.Febr. 1935
Abschrift von: Wolfgang Bechtel

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