Auswanderung Lippe-USANaturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V. |
Menschen vom lippischen Boden
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Haus Detert in Horn/Lippe |
W.F. Detert war das 7.Kind des Kaufmanns und Stadtrent- meisters Ernst Wilhelm Arnold Detert in Horn. Bei seiner Geburt starb seine Mutter, die eine Tochter des Bielefelder Kaufmanns Philipp Moritz Lüdeking war. 6 Monate danach heiratete sein Vater die Schwester seiner 1.Frau, so dass W.F. Detert im Kreise seiner Geschwister in dem alten Geschäftshaus am Markt unbeschwerte Kinderjahre verleben konnte. Danach trat er – wie das in der Familie üblich war – eine kaufmännische Lehre an. Sein Lehrherr war der Hoflieferant Koch in Detmold. Schon während der Lehrzeit reifte in ihm der Entschluß heran, sobald wie möglich nach Amerika auszuwandern. Zwar fiel es der Familie im Jahre 1868 sehr schwer, das Geld für die weite Schiffsreise nach New York aufzubringen, da der Vater kurz vorher gestorben war, aber den gemeinsamen Anstrengungen gelang es, und W.F. Detert kam glücklich in Amerika an.
Hier stürzte er sich mit ganzer Kraft in die Arbeit, um schnell vorwärts zu kommen. New York hielt ihn nicht lange. Er wanderte im Land umher, um
Wilhelm Ferdinand Detert (1850 – 1929) |
eine günstige Gelegenheit für einen schnellen Aufstieg zu entdecken. „Meine Heimat ist da, wo ich meinen Hut hinhänge“, schrieb der Dreißigjährige in dieser Zeit einmal an seine Schwester. Ihn lockte das Goldland Californien. Der Anfang dort war für ihn nicht sehr verheißungsvoll. Zwar bildete er sich schnell zu einem tüchtigen Bergwerksingenieur aus, aber seine geschäftlichen Unternehmungen waren wenig erfolgreich. So setzte er zu Beispiel einmal bei einer Spekulation innerhalb weniger Monate 8000 Dollar zu. Aber niemals verlor er den Glauben an sein Glück, denn – so schrieb er 1879 an seine Schwester – „hier in Californien kommen manchmal ungeheure Veränderungen vor in fabelhaft kurzer Zeit. Das ganze Land ist eine Lotterie“. 10 Jahre später war er ein gemachter Mann, der sich in finanzieller Hinsicht nicht mehr zu beklagen brauchte. Allerdings hatte seine Gesundheit etwas gelitten. Er musste strenge Diät leben, die Leber war angegriffen.
Californien hielt ihn fest, und bald gehörte er zu denjenigen, die die wirtschaftliche Erschließung und Entwicklung dieses reichen Goldlandes maßgebend mitbestimmten. Er war es, der die über 5000 Fuß tiefe Argonaut-Goldmine in Jackson/Amador, eine der tiefsten Goldminen der Erde, erschloß und zu stärkster Produktivität entwickelte, der vielen anderen Bergbauprojekten für die Gold-, Quecksilber- und Ölgewinnung im Lande zum Erfolg verhalf und der während seiner mehr als 30-jährigen Tätigkeit als Mitglied des Direktoriums der American-Trust-Company, der führenden Bank von San Francisco, zahlreiche wirtschaftliche Unternehmungen im amerikanischen Westen aufbauen und entwickeln half. Er galt als einer der großen Pioniere Californiens, denen das Land viel zu danken hat.
Er lebte zunächst in Jacksen/Amador. Nach dem Verkauf der Argonaut-Goldmine im Jahre 1912 siedelte er von dort nach San Francisco über, wo er im Pacific Union Club auf Nob Hill wohnte. Über seine Persönlichkeit berichtet sein Großneffe, der Rechtsanwalt Gunther R. Detert, San Francisco: „Er war eine ausgesprochene Führernatur, hatte viel Sinn für Humor und besaß einen scharfen, durchdringenden Verstand. Trotz seiner Liebenswürdigkeit dem weiblichen Geschlecht gegenüber blieb er sein Leben lang Junggeselle. Er unterstützte die schönen Künste und das gesellige Leben, aber er verabscheute die Politik“.
Seine besondere Liebe galt seinen beiden Landsitzen, der Guenoc-Ranch und der Detert-Ranch, zwei 35 000 – 40 000 Morgen große Farmen in der Nähe der Stadt Middletown, die beide je 1000 – 1500 Rinder unterhielten. Auch dort hat er segensreich gewirkt. So ließ er zum Beispiel auf der Detert-Ranch zur Bewässerung des Landes einen 192 Morgen großen Stausee, den „Detert-See“, wie er nach ihm benannt wurde, anlegen, vergrößerte das Weideland und steigerte die Erträge. Beide Landsitze galten als Musterfarmen.
Seine lippische Heimat schien W.F. Detert zunächst vergessen zu haben. 10 Jahre lang hörte man überhaupt nichts von ihm.
Erst als seine Geschwister ihm im Jahre 1879 den Tod der Stiefmutter mitteilten, schrieb er wieder nach Deutschland. Seitdem nahm er regen Anteil an dem Leben seiner Geschwister und deren Familien. Besonders interessierte ihn die Ausbildung seiner Neffen. Als einer von ihnen ihn im Jahre 1902 um Geldmittel zur Fortsetzung seines Studiums bat, erklärte er sich sofort „mit Vergnügen bereit“, ihn zu unterstützen und übersandte umgehend einen Scheck über 1000 Mark. Er bemerkte dazu in seinem Schreiben: „Dieses Versprechen (auf geldliche Unterstützung) bezieht sich auf alle die anderen Kinder meiner Brüder und Schwestern, im Fall dieselben finanziell nicht im Stande sind, für eine höhere Erziehung zu sorgen“. An anderer Stelle betonte dieser reiche Amerikaner seinem Bruder gegenüber: „Nachrichten über Deine lieben Kinder interessieren mich immer sehr. Hoffentlich werden sie alle eine gute Erziehung bekommen, welche ohne Zweifel einem kleinen Vermögen vorzuziehen ist, ob in Deutschland oder Amerika“. Er unterstützte auch weitgehend das spätere Fortkommen seiner Neffen und Nichten, indem er ihnen half, eine gesicherte Existenz aufzubauen bzw. diese zu festigen. Häufig klingt in seinen Briefen der Wunsch an, die alte Heimat einmal wiederzusehen. Aber immer wieder musste er betonen, dass eine Deutschlandreise und ein Besuch seiner lippischen Heimat unmöglich wäre, weil dringende Geschäfte seine ständige Anwesenheit in den Vereinigten Staaten unbedingt erforderlich machten.
Gedenkstein in Jackson |
Die größte Überraschung erlebten seine deutschen Verwandten, als W.F. Detert am 13.12.1929 in San Francisco starb und sein Testament eröffnet wurde. Zwar bestimmte er darin, dass bedeutende Summen für wohltätige Zwecke, für die Stanfort-Universität und für die Stadt Jackson, wo er so erfolgreich gewirkt hatte, verwandt wurden, den größten Teil seines Vermögen aber vermachte er zu gleichen Teilen seiner einzigen Halbschwester und seinen 13 Neffen und Nichten in Deutschland. Allerdings war in dem Testament festgesetzt, dass aus der Erbmasse zunächst ein Trust gebildet werden sollte, der 10 Jahre lang zu bestehen hätte. Erst nach dieser Zeit sollte die Auszahlung der Erbanteile erfolgen. Der II. Weltkrieg verhinderte dieses. Nur sein in San Francisco lebender Neffe, eine in der Schweiz verheiratete Nichte und eine in Österreich ansässige Großnichte gelangten nach dem Kriege in den Besitz des ihnen zustehenden vollständigen Erbes, während sich die übrigen mit geringen Entschädigungen begnügen mussten.
Abschrift aus: „Heimatland Lippe“, 1973 Nr.3 Seite 88-91
Abgeschrieben von: Wolfgang Bechtel
Detert Lake
http://www.lippe-auswanderer.de/AuswandererLippe-USA/html/p012185.htm#P12185