Lippische Rose

 Auswanderung Lippe-USA 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Blomberger Bürgermeistersohn Heinrich Küster segelte schon 1693 nach Amerika

Friedrich Schütte

Wer war der erste Westfale oder Lipper in der „Neuen Welt"? - Diese Frage wird wohl nie mit letzter Sicherheit endgültig beantwortet werden können, zumal es im 15. und 16. Jahrhundert noch keine regulären Schiffslisten gab. Forscher sind deswegen auf Zufallsfunde angewiesen. Eine solche Fundstelle ist der Bericht auf Seite XI des 1998 in Detmold erschienenen Buches „Das Diarium Lippiacum des Amtmanns Anton Heinrich Küster". Darin geht es unter anderem um den lippischen Gelehrten Heinrich Bernhard Küster aus Blomberg (1662-1749). Dieser ist, möglicherweise als erster Reisender aus Westfalen-Lippe, im Jahre 1693 mit einigen Freunden - auf dem Umweg über England - für sieben Jahre in die „Neue Welt" gesegelt.


1983 jährte sich zum 300. Mal die Einwanderung der ersten Reisegruppe aus Deutschland, nämlich der Krefelder Mennoniten (hier: Titel einer Festschrift). Im Jubiläumsjahr 1983 war in Lippe noch nicht bekannt, dass jenen deutschen Gründern Philadelphias bereits 10 Jahre später der lippische Bürgermeistersohn Heinrich Bernhard Küster folgte

Der Amerikareisende aus Blomberg hatte offenbar Kontakt zu den Quäkern, die zuvor die englische Kolonie Pennsylvania gegründet hatten. Es wird auch vermutet, der Quäkerführer Penn habe vor seiner Auswanderung nach Amerika bei einer Deutschlandreise die Äbtissin zu Herford besucht und dabei den dort gerade anwesenden Gelehrten Heinrich Bernhard Küster kennen gelernt.
Jedenfalls berichtet der Blomberger Chronist Anton Küster, sein Neffe Heinrich Bernhard habe sich in Pennsylvanien als Lehrer und Prediger niedergelassen. Dabei muss der Lipper wohl mit Penns Leuten in Konflikt geraten sein, und der Chronist deutet auch Gründe dafür an: „Er widersetzte sich den Quäkern und fing an zu tauf-fen, wie auch das Abendmahl auszuspenden, ob er gleich nicht ordinieret war."

Ernüchtert von Amerika heimgesegelt
Es kann vermutet werden, dass dieser wohl erste lippische Amerikareisende auch Kontakte zu den Krefelder Mennoniten knüpfte, die 1685 gerade Philadelphia gegründet hatten. Aber auch hier wird er mit seiner lippisch-reformierten Lehre kaum das erwünschte Gehör gefunden haben, so dass Küster im Winter 1699/1700, ernüchtert von seiner Missionsreise, heimsegelte.

In der Heimat übernahm der Gelehrte dann, im Auftrag der Fürstäbtissin Charlotte Sophie von Herford, verschiedene geheime, diplomatische Missionen, die ihn bis Polen und Stockholm führten. Als die Äbtissin ihre Residenz wegen Ärgers mit dem Herforder Stiftskapitel nach Verden verlegte, folgte er ihr.


Das historische Rathaus der frühesten lippischen Residenzstadt Blomberg. Hier lebte und wirkte die Bürgermeisterfamilie Küster
Der Blomberger Gelehrte starb 1749 als Lehrer am königlichen Hof in Hannover.

Heinrich Bernhard Küster war der älteste Sohn des Blomberger Bürgermeisters in den Jahren 1674-92. Als Erstgeborener genoss er eine hervorragende Ausbildung an Schulen in Bremen und Frankfurt, mit den Studienfächern Allgemeines Recht, antike sowie morgenländische Sprachen. Er war für die damalige Zeit ein weithin anerkannter Gelehrter und unterrichtete als solcher bereits vor seiner Amerikareise mehrere Jahre die Söhne des Grafen Otto von Schwerin in Berlin.

Ludolf Küster, der Universalgelehrte
Für Kultur und Wissenschaft in Europa viel bedeutender wurde später freilich sein jüngerer Bruder Ludolf Küster (1670-1716). Dieser machte sich mit seinen Geschichtsforschungen und zahlreichen Veröffentlichungen an den Universitäten Leiden, Utrecht, Paris und Cambridge schon mit jungen Jahren einen Namen. Die Universität Cambridge, wo er unter anderem lehrte und forschte, verlieh ihm aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen die Ehrendoktorwürde.
Über die zahlreichen Buchveröffentlichungen des Amerikafahrers Heinrich Bernhard Küster hingegen urteilte „Joechers Gelehrtenlexikon" nach dessen Tod eher herabsetzend: „Seine Schrifften sind ein wahres Original der verwirrtesten Schreib-Art." Und: waren seine Aufsätze so ... sprachgelehrt, dass sie kein Mensch verstehen konnte!

Aus dem Buch: Friedrich Schütte Westfalen in Amerika

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