Auswanderung Lippe-USANaturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V. |
Ein erfolgreicher Deutschamerikaner
Gustav Küstermann hat es in den Vereingten Staaten von Nordamerika zu Erfolg, Ruhm und Ansehen gebracht. Wie viele andere Söhne der lippischen Heimat war er eine Zierde des Deutschtums in jener "Prosperity" der Unionstaaten, wo gar mancher die Berge und Täler einer bescheidenen aber schönen Heimat vergaß und Wert darauf legte, in erster Linie Nord- oder Lateinamerikaner zu sein oder hundertprozentiger Engländer im weltbeherrschenden britischen Imperium. Küstermann hat sich nicht nur in den Jahren der mühsamen Aufwärtsentwicklung, sondern auch auf der Höhe seiner wirtschaftlichen und politischen Erfolge als Lipper gefühlt. Wie oft hat er sich nach der Heimat gesehnt, wie oft hat er sie besucht. Zuletzt noch im Jahre 1910, als er dem Repräsetantenhause der Vereinigten Staaten angehörte. Damals, nach dem frühen Tode seines Schwiegersohnes Ferdinand Wessel, des Begründers der ersten lippischen Straßenbahnen und des ersten lippischen Elektrizitätswerkes, machte er der Stadt Detmold das von den Stadtverordneten und Stadtvätern leider abgelehnte Angebot des Eigentumsüberganges des Werkes undder Bahnen in ihren Besitz, eine Kurzsichtigkeit, die für Detmold seitdem äußerst nachteilig gewesen ist und die Stadt bis auf den heutigen Tag in unerwünschter Abhängigkeit von der Überlandzentrale erhalten hat. Wenn Gustav Küstermann die Stadt und das Land seiner Vorfahren aufsuchte, dann waren es nach seinen oft gemachten Bekundungen Tage des Glückes, der Freude und Erholung. Aus dem lippischen Boden und Menschentum zog er allemal die Kräfte zur Weiterarbeit in einem für ihn so außerordentlich groß gewordenen Aufgabenkreis.
Gustav KüstermannGustav Küstermann war am 24.Mai 1850 in Detmold geboren. Nach Absolvierung des Realprogymnasiums seiner Vaterstadt trat er in das Kontor eines überseeischen Geschäfts in Hamburg in die Lehre. Im Alter von achtzehn Jahren kam er mit seinem älteren Bruder Carl und verschiedenen lippischen Freunden nach Green Bay in den Vereinigten Staaten, das war 1868. Seine erste Stellung war in der Eisenwarenhandlung von St. Louis, Case u. Co. Dann wurde er Buchführer bei Robinson Bros, die neben ihrem Papier- und Buchladen eine Druckerei besaßen und Herausgeber der Advocate waren, der damals leitenden Zeitung der Stadt.
In 1871 gründete er zusammen mit Louis Neese und Erastus Root in Green Bay eine Druckerei mit Papier- und Buchhandel. Im Laufe der Zeit schied erst Root und dann Neese aus, und Küstermann war bis zum Eintritt seines jüngeren Bruders Robert alleiniger Inhaber der Firma, ebenso wieder von 1894 bis 1902, in welchem Jahre er das Geschäft aufgab. In den sonstigen geschäftlichen Unternehmungen, an denen der verstorbene sich beteiligte, diente er der Citiens National Bank, der Green Bay Cornice und Corrugating Co., der Paper Novelty Co. und der Horsefhoe Co. jahrelang als Direktor.
Auch Küstermanns politische Tätigkeit war eine vielfache und, wie seine geschäftliche, eine erfolgreiche. Er diente Green Bay als Stadtverordneter und als Vertreter in der County Board, ferner als Stadtschatzmeister. In 1892 ernannte ihn Präsident Harrison zum Postmeister von Green Bay, welches Amt er vier Jahre innehatte und mit dessen Führung er seinen Bruder Carl betraute. Von 1901 bis 1907 gehörte er der State of Control an, der die Beaufsichtigung der staatlichen Wohltätigkeits- und Strafanstalten oblag und deren Vorsitzender Küstermann drei Jahre lang war.
Hatte er seiner Stadt, dem County und dem Staat treu und gewissenhaft gedient, so war es natürlich, daß ihn das Vertrauen seiner Wähler von 1908 bis 1912 zur Vertretung des neunten Distrikts in das Repräsentantenhaus das Bundeskongresses nach Washington schickte. Dort wirkte er mit dem ihm eigenen enormen Eifer, den er stets seiner Aufgabe schenkte, für den Ausbau der amerikanischen Schiffahrt und manche andere nützliche Vorlagen.
Am 25.Dezember 1919, in der für seine deutsche Heimat schwersten Zeit, starb er. An seinem Grabe kam noch einmal zum Ausdruck, was er den lippischen Landsleuten, deutschen Menschen in den Staaten, seinem Adoptivlande und den humanitären Bestrebungen gewesen ist. Er verdient es, daß sein Andenken auch in der lippischen Heimat lebendig bleibt.Abgeschrieben aus dem Buch: Menschen vom lippischen Boden, 1936
Abgeschrieben von : Wolfgang Bechtel 20.03.2007