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Lippischer Kalender 1951, S. 85, Brief an seinen Schwager Lücking vom 12. September 1868:
Dreckshage, Simon Henrich aus Biemsen-Ahmsen
"Im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes ergreife ich die Feder, an Euch zu schreiben. Lieber Schwager und Schwägerin, wir grüßen Euch alle viel tausenmal und dürfen uns noch zum Glück unserer Gesundheit rühmen. Wir sind bis heute, Gott sei Dank, alle gesund und munter. Diesen Sommer habe ich nur 22 Acker Weizen gehabt, aber er ist gut geraten, ich habe gedroschen 480 Bushel (d. h. Scheffel), und der Bushel kostet zwei Dollar. Dann habe ich 50 Acker Wiesen, 50 Acker Mais, 50 Acker Hafer. Nun kannst Du denken, daß ich meine Zeit ziemlich aufzuwenden habe. Die Leute sind hier ziemlich rar zu haben im Sommer; wir haben müssen drei Dollar für einen Mann den Tag bezahlen, und dazu gutes Essen und Trinken; das Mähen habe ich selber getan, ich habe mir selber eine Maschine gekauft, welche mir 200 Dollar gekostet hat. Lieber Schwager und Schwägerin, ich muß Euch wissen lassen, daß mich letzten Frühjahr eins von meinen besten Pferden tot gegangen ist, eine glänzende schwarze Mähr. Es war ein prachtvolles Pferd, ich weiß, es kommt nicht schöner in Schötmar vor. Aber doch, es war des Herrn Wille; sein Name sei gelobt. Ich habe 16 große Schweine zum Fettmachen, drei Kühe zum Melken, vier Rinder, drei Kälber, ein Schaf. Ich habe auch einen schönen Obstgarten bei dem Hause, Äpfel und Pfirsiche und Birnen. Die jungen Leute, die im Frühjahr hierher gekommen sind, aus Ahmsen oder Strüh, sind hier gut und glücklich bei uns angekommen und haben sich einige Tage bei uns aufgehalten. Wir haben sie mit voller Freude bei uns aufgenommen. Sie arbeiten hier bei Friedrich Kespohl auf der Ziegelei. Lieber Schwager, Reinecke und seine Frau und Kinder sind auch noch alle gesund und munter; sie haben auch Deinen Brief gehabt, den Du uns geschrieben hast. Ich hätte wohl Lust, mal ordentlich mündlich mit Euch allen zu reden, es sind jetzt 16 Jahre verflossen, als ich die alte Heimat verließ. Aber Gott sei Dank für seine Gnade, es hat mir noch nicht gereut. Meine Frau und Kinder sind noch immer dankbar dafür. Alle unsere Kinder sind zu Gott bekehrt. August und die Minna sind im letzten Winter durchgekommen, und die anderen zwei, die sind damals gleich die erste Zeit gründlich bekehrt worden. Die Luise ihr Mann ist auch bekehrt; die Hanna ihr Mann ist noch nicht bekehrt, aber sie leben ganz glücklich und ich hoffe, es wird auch für ihn bald die Stunde kommen. Lieben Leute, ich muß schließen; sollen wir uns hier in diesem Leben nicht mehr sehen, dann gebe Gott, daß uns möchten dermaleinst in dem Hafen des Friedens wiederfinden. Dazu helfe uns Gott. Grüßet doch alle unsere Verwandten und auch alle Bekannten. Euer Freund in Christo mit Frau und Kindern Simon Henrich Dreckshage." |