Lippische Rose

 Auswanderung Lippe-USA 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Briefe in die Heimat von dem nach Amerika ausgewanderten H. Krusekopf aus Hillentrup

Mein lieber Neffe! Chamois, Mo. 13. April 1935
Mr. Ernst Krusekopf und Familie!
Dein mir sehr willkommener, lange erwarteter Brief vom ersten April 1935 ist gestern den 11. April bei mir angekommen. Also recht schnell und habe mich sehr gefreut u. danke dir dafür.
Ich habe vor Weihnachten viel Briefe und Carten weit u. breit an Freunde u. Verwante u. Bekannte versandt und fast alle habe mir eine Empfangsanzeige gesandt. Du hast lange damit gewartet, weil du nun aber um eine schnelle Antwort auf deinen Brief bittest, will ich dicht nicht so lange warten lasse als du mich, sondern deinen Wunsch erfüllen und damit auch nachholen was ich vergessen habe in meinem letzten Brief. Euch für deinen schönenl. Brief und die schöne Photographie deiner Familie u. Hochzeitsgäste vielmals Danksage. Das Bild hat mich u. auch Schmuddes sehr gefreut. Ein schönes Familien u. Hochzeitsbild. Wir wünschen dem jungen Ehepaar viel Glück u. Segen in Ihrem Ehestand. Gottes Gabe u. Segen sehen Sie schon sichtbar vor Augen in dem l. kl. Sohn. Den die Bibel sagt: Kinder sind Gabe Gottes. Und was könnte dem jungen Ehepaar lieber sein als ihr Söhnlein? Das ist die schönste Blume im Ehegarten. Gottes Gnade u. Segen sei mit ihm u. den Eltern u. Großeltern. Weiter habe ichs auch noch nicht gebracht als Großvater, trotz meinen 89 Jahren. Du Ernst bist wohl noch 30 Jahre jünger als ich, oder doch schon älter? Es freut mich sehr, daß Ihr alle noch gesund seid, und Arbeit habt und noch arbeiten könnt u. Euer eigenes Brot verdienen könnt. Viele können es nicht. Auch das ist Gnade, daß Ihr es in der Heimat verdienen könnt und nicht mehr in der Fremde, u. alle daheim seid. Du u. deine l. Frau, Ihr seid gesegnet mit 3 Söhnen! Ich hatte auch so viel, jetzt habe ich noch einen, Heinrich, der hat auch 3 Söhne und 3 Töchter; die habe ich auch, Meine, alle 3 verheiratet. Clara, die Älteste, Frau Huxoll, hat einen verheirateten Sohn, ohne Kinder. Frieda Ruebling hat 1 Sohn u. 1 Tochter, beide noch ledig. Lydia Schmudde, meine jüngste Tochter hat 2 Söhne u. 2 Töchter, alle noch ledig. Die älteste Tochter Elaine ist im 20. Lebensjahr, u. der jüngste Sohn ist 5 Jahr alt, 11 Jahr jünger als sein Bruder Albert u. 10 Jahr jünger als die jüngste Schwester Harriette. Elaine ist gegenwärtig bei Frieda in Oakland, Californien, studiert dort. 1700 Meilen von hier, westlich von Mo. Sind somit alle noch gesund. Ich leide an mancherlei Altersschwäche. Kann aber Gott nicht genug danken, daß ich noch bin, was ich bin. Die Finger werden oftmals plötzlich steif. Das ist Rheumatis, auch die Knie, kann aber noch herumggehen nach der Kirche u. andern Besuche machen u. draußen herumgehen. Der neue Weg nach Neuenkamp durch den Eichenwald wird sich schön machen für Automobilfahrten und Fußgänger. Wird auch wohl ziemlich grad werden? Ich kenne das Terein sehr gut, habe oft die Kühe dort herum gehütet. Hier bei Chamois wurde vor 2 Jahren auch neuer Weg gemacht. 60 Fuß breit und 17 Meilen lang. Der Contracter bekam über 60000,00. Die Arbeit wurde fast alle mit Maschinen getan. Es war zum Teil ein sehr gebrochenes, hügeliches Terein. Die ganze Landschaft hier in der Nähe, südlich von Chamois, ist sehr hügelich ja bergicht. Auf der Nordseite des Städtchen Chamois fließt der großmächtige Missourifluß vorbei und ganz dicht am Fluß liegt sehr fruchtbares Bottoniland, so hier unterhalb Chamois. Wir haben hier jetzt reichlich Regen, aber in den westlichen Staaten nicht, da weht der Sturmwind in vielen Gegenden, wo keine Waldung ist, den Leuten das Land, 6-12 Zoll tief von der Oberfläche fort und treibt den Staub hunderte Meilen weit fort. Ich lese in der Zeitung, daß in den Vereinigten Staaten mehr als 20.500.000 Hülfsbedürftige oder Nothülfsempfänger sind, der Staat Mo. Soll allein bis jetz schon 76.000.000 für Nothülfe ausgegeben haben. Die Bundesregierung hat jetzt aufsneue wieder 4.880.000.000 für Nothülfe bewilligt. Es ist noch gar keine Aussicht, daß die Nothülfslage hier bald ein Ende hätte. Im Gegenteil, sie scheint sich noch zu verschlimmern. Die Zeitung schreibt: Ein Sechstel der Einwohner Missouris ist auf Nothilfelisten! Die monatliche Nothilfeausgaben im Staat Mo. allein betragen jetzt 5.000.000, im Jahre 1933 500.000.
Unser + Präsident Wilson mit seinem Anhang, hat durch die Teilnahme an dem unge… [?] Kriege gegen Deutschland schwer gesündigt, dafür werden wir jetzt gestraft. Gottes Mühlen mahlen langsam, aber fein. Auch damit ist schwer gesündigt, daß man die edle Gottes Gabe, die Erntefrüchte, freventlich zum Teil vernichtete u. das Vieh, besonders die jungen Schweine, todschlug um dadurch die Preise in die Höhe zu treiben, da heißt es auch: Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten. Es ging unserm Volk zu wohl. Da wurden viele stolz u. Gottvergessen. Besser wird’s ernst wieder werden, wenn die Menschen sich demütigen, Buße tun und Gott die Ehre geben.
Hat Aug. Krusekopf an dich geschrieben, wegen meines Vaters Geburtstag? Er fragte mich deswegen. Ich weiß ja nicht.
Zum Schluß wünsche ich Euch Allen viel Gnade u. Segen vom Herrn, von dem aller Segen kommt. Lebt wohl u. glücklich! Viel herzl. Grüße von mir u. Schmuddes. Grüßt auch vielmals H. Borgeit u. seine Familie. Gott befohlen!
Dein Onkel H. Krusekopf. Grüßt Bekannte u. a. Verwandte.

Abgeschrieben von : Simone Quadfasel


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