Auswanderung Lippe-USA 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

Lippische Landeszeitung von Freitag den 1. Dezember 2006

Unter Palmen und in die USA
Was die Lipper seit eh und je zum Auswandern treibt

Kreis Lippe (sk). Ein Alexander Bürger hat in Texas die erste Tageszeitung herausgegeben, Reinhold Niebuhr war Berater von Präsidenten, und die Gebrüder Düsenberg bauten Luxus-Schlitten für Hollywood-Stars. Lipper waren durchaus erfolgreich in den USA - obwohl es auch Ausreißer gab wie Oberst Emil von Donop, der im Auftrage Englands 1777 am Delaware-River aufständischen Truppen um George Washington den Garaus machen sollte, dabei aber selbst das Zeitliche segnete.

Auswandern, leicht gemacht: Mit dieser Anzeige warben Agenturen
im Fürstlich Lippischen Regierungs- und Anzeige-Blatt
am 23. März 1861.

Nach dem längst erschienen Buch "Westfalen in den USA" von Friedel Schütte hat der Bad Salzufler Historiker Dr. Stefan Wiesekopsieker sich jetzt mit alten und neuen Fragen rund um die Auswanderung aus Lippe befasst. Die Erkenntnisse sind in einem Buch mit dem Titel "Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaft" erschienen, das mit herausgegeben vom Staatsarchiv Detmold unter Frau Dr. Bettina Joergens ist.

Die großen Auswandererwellen Mitte des 19. Jahrhunderts beleuchtet der Bad Salzufler darin genau so wie die kleineren - was ihn vor allem interessiert, sind die sprichwörtlichen Beweggründe, die um die 20 000 Lipper dazu getrieben haben, ihre Heimat zu verlassen - und die gelten gestern wie heute.

"Unzufriedenheit mit den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen dürften der häufigste Grund gewesen sei", so der Historiker. Massive Missernten hatten zum Beispiel 1845/46 größere Teile der Bevölkerung ins Elend gestürzt: "Es ist daher nur zu verständlich, dass zwei Drittel aller Auswanderer aus den landwirtschaftlichen Berufsgruppen, respektive der haus- und grundbesitzlosen bäuerlichen Unterschicht kamen." Zudem sei das agrarisch strukturierte Lippe erst sehr spät in das Industriezeitalter eingetreten.

Zuvor waren Lipper groß im Spinnen und Weben, und das geachtete "lippische Laken" garantierte bis ins 19. Jahrhundert hinein 80 bis 90 Prozent der Landbevölkerung die Einnahmen. Herbe Einbußen bescherte die von Napoleon gegen England verhängte Kontinentalsperre 1806 bis 1813, wodurch vor allem die amerikanischen Absatzmärkte verloren gingen.

Der Niedergang war vorprogrammiert, die Erwerbskrise motivierte viele zum Auswandern. Für ein Comeback des Leinens reichte es nicht mehr: Die Detmolder Regierung verbot sogar die Einführung des mechanischen Webstuhls und sorgte auf diese Weise dafür, dass sich das benachbarte Ravensberger Land zu einer Hochburg der Textilindustrie entwickeln konnte, weil dort konsequent mit alten Techniken gebrochen wurde. Aber auch um des Glaubens Willen verließen viele Lipper ihre Heimat - und zwar in mehreren Wellen im Zuge der Erweckungsbewegung Mitte des 19. Jahrhunderts.

In den Händen von Schleusern
Wenn gleich der überwiegende Teil in die Vereinigten Staaten strebte, trieb es einige Lipper auch unter Palmen. Eine größere Gruppe hatte sich 1835 in die britische Kolonie Jamaika aufgemacht. Vieles spreche dafür, schildert Wiesekopsieker, dass diese Gruppe seinerzeit einem betrügerischen Schleuser aufgesessen sei. Sogar in der Zeitung, dem "Lippischen Magazin", wurden ausreisewillige Blomberger gewarnt: "Darum, geliebter Landsmann, der du vielleicht im Begriff bist, den hier beleuchteten Contract zu unterschrieben, besinne dich ja, was du thust!"
www.lippe-auswanderer.de

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