Lippische Rose

 Auswanderung Lippe-USA 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Personenstandsarchiv Detmold D72 Nachlaß Petri Nr. 11 Auswandererbriefe
Das transatlantische Lippe. Schicksale und Verhältnisse der nach Nordamerika ausgewanderten Lipper.
Abschrift Simone Quadfasel

Brief 3

Pr. Schwalenberg am Amte d. 30. Decbr. 1847

Stephensoncounty, Illinois, Rock Grove, den 1. Juli 1847.

Liebe Frau, ich kann es nicht unterlassen, Dir bei dieser Gelegenheit einen Brief zu schreibe. Ich will wünschen, dass ich euch mit meinem Schreiben gesund und munter im Guten wohl antreffen möge. Ich bin bis hierher auch noch recht frisch und munter, viel wohler wie in Deutschland gewesen. Weil wir so weit von einander entfernt sind, so muß ich Dir auch schreiben, daß ich jetzt Land gekauft habe, 60 Acker (ein Acker ist so viel wie bei uns in Deutschland 2 Scheffel) für 75 Dollars, es ist aber noch … [Wort wurde ausgelassen] und liegt zwischen dem Lande Franz Meiers, Christian Eggerts und Friedrich Eggert. Nahe dabei hat Kästig aus Schwalenberg auch 80 Acker … [Wort wurde ausgelassen] und noch nicht bearbeitet angekauft. Weil es mir sehr gut in Amerika gefällt, wünsche ich Dich, liebe Frau, und meine Kinder auch hier zu sehen, und zwar, wenn es dem lieben Gott nicht zuwider ist, das zukünftige Jahre schon. So bald wie möglich, weil wir die Abrede so miteinander getroffen haben.
Ich arbeite jetzt bei Heinrich Eggert, weil ich augenblicklich noch nichts schaffen kann. Ich thäte wohl ein Haus auf mein Land zu setzen, aber Du weißt es lieben Frau selber wohl, daß ich so viel Geld nicht mitgenommen habe. Ich denke jedoch im künftigen Jahre ein fertiges Werk zu kaufen. Weil da es hier mit jedem Jahre theurer wird, habe ich die 60 Acker erst gekauft; sie liegen alle in eines und fast noch besser wie auf unserm Felde. Auch keine Abgaben braucht man daran zu bezahlen, wie in Deutschland, wo man sich fürchten musste, wenn der Hund an zu bellen fing. Auch die Leute hier sind sehr liebreich; man kann sie nur noch nicht alle recht verstehen, das wird sich aber bald lernen lassen. Selbst mit der Reise, vor der sich so Mancher fürchtet, ist es so gar gefährlich nicht; etwas beschwerlich ist sie wohl, aber sobald man New York sehen kann, haben sich die Beschwerden schon alle gelegt. In Amerika brauchen auch die Leute nichts für das Vieh zu holen; die Kühe und Ochsen kommen während des Sommers gar nicht in den Stall und gehen im Grase bis über die Knie; die Schweine und Schafe kann man fast gar nicht sehen, und kosten wenig oder gar nichts den ganzen Sommer hindurch. Auch liebe Frau, laße ich dich wissen, daß man in Amerika keinen großen Aufwand in der Bauart der Häuser macht. Für 100 Taler, d.h. aber Dollars, kann man ein schönes Haus bauen lassen. Weil der Branntwein in dieser Gegend nicht gut zu bekommen ist auch kein bräuchliches Getränk ist, so fällt das Branntweintrinken hier ganz weg, welches jedem Menschen sehr gut bekommt. Liebe Frau, auch muß ich schreiben, daß ich zukünftiges Jahr Korn und Kartoffeln zu säen und zu pflanzen gedenke, damit, wenn du und unsere Kinder kommen, wir nicht alles zu kaufen brauchen. Die Lebens-Nahrung ist hier jedoch viel billiger, wie in Deutschland. Auch wünsche ich, liebe Frau, daß du, so bald du diesen Brief erhalten, eilig wieder schreibst, weil ich doch gern wissen mögte, wie es um euch steht, ob ihr auch noch alle gesund seid. Zugleich schreibe ich dir und gebe dir die Vollmacht. Falls deine Gesinnungen noch dieselben sind wie bei meiner Abreise, wo du mir versprochen, das zukünftigen Jahr mir nachzufolgen, den Richter Räker zu beauftragen gegen Geld und gute Worte dir beim Verkaufen unserer Stätte, mit welchem du alleine nicht fertig wirst, dir behülflich zu sein. Solltet ihr die Stätte aber nicht verkaufen kannen, so leihe so viel Geld darauf an als du bekommen kannst.
Liebe Frau, da dein jüngster Bruder, wie ich gehört habe, auch Lust hat, nach Amerika auszuwandern, so will ich ihm auch schreiben, was er hier verdienen kann. Das erste Jahr kann er wenigstens 70 Taler [?] und wenn er ein Jahr hier gewesen, auch wohl 100 Taler [?] verdienen. Liebe Frau, wenn ich sollte nicht wieder schreiben können und zwar aus dem Grunde, weil dein Brief nicht so früh überkommen mögte, so müßtest du dich nach einem guten Bekannten umsehen; denn wenn von deinen Brüdern keiner herüberkommt, so wäre es sehr gut, wenn du jemand um dich hättest, den du kennst; auch für unsere Kinder wäre dieß viel werth. Liebe Frau, auch zeige mir an, wann das Schiff, welches dich hierher befördern soll, aus dem Bremerhafen abfährt; ich werde dir dann bis Milwaukee entgegenkommen, um dich von da abzuholen. Wenn du dich nach Milwaukee kommst, so kannst du dich an den Mann wenden zum Kanal-Haus von Karl Rau, Westseite des Flusses, einige Häuser unterhalb des Kanals. Der Mann wird gleich einen Brief auf die Post geben, ich werde dann sogleich mit einem Wagen kommen und dich allda abholen. Auch, liebe Frau, muß ich dir noch schreiben, wie du dich mit dem Gelde zu verhalten hast. Wenn du Geld bekommen kannst, so stehst du dich am besten, wenn du erst im Holländischen Zehnguldenstücke erhältst, denn daran leidet man keinen Schaden. Wir haben am Gelde vielen Schaden leiden müssen, in Bremen sowohl wie in Amerika. Mit den Kleidungsstücken wird hier kein so großer Aufwand gemacht, wie in Deutschland; und die Kleidungsstücke, die man dort hat, kann man hier im Lande alle gebrauchen. Zwei Mützen, wie die andern da machen ließen, kannst du dir auch wohl anfertigen lassen, so wie mit gedruckten leinenen Kleidern und mit Schuhen dich gut versehen. Diese Sachen sind zwar hier zu haben, aber bedeutend theurer. Auch mußt du dir ein warmes Unterkamisol und den Kindern warme Kleider machen lassen, weil es auf dem Schiffe immer windig, auch bisweilen kalt ist. Wenn es sich thun läßt, so bring einen messingenen Kessel mit, ungefähr ein Eimer voll hinein geht; und Leinen laß bläuen und drucken, damit wir auf einige Jahre damit versehen sind. Auch wenn du Geld hast mache keine Auslagen für Andere; denn hier ist es schlecht wieder zu kriegen. Sehr gut wäre es, wenn du noch einen eichenen Koffer bekommen könntest, weil die eichenen besser sind wie die tannenen Koffer, da die letzteren leicht auseinander gehen. Das Bruchband, so wie ein Spinnrad und eine Hekel könntest du auch wohl mitbringen.
Es grüßet dich auch Friedrich Ties und bittet dich, seinen Schwager Weber und seine Schwester Amalie Ties zu grüßen. Knaup läßt dich, so wie seinen Bruder und seine Mutter grüßen. Liebe Frau, es grüßet dich auch Heinrich Eggert und seine Frau unbekannterweise. Da ich weiter noch nichts schreiben kann, will ich schließen. Es grüßet Eltern und Schwiegereltern, Schwäger und Schwägerinnen, meine beiden Schwestern, Freunde, Nachbarn und Bekannte

Christian Schrödermeier

Christian Schrödermeier
* 1821 (u) Brakelsiek (?)
Herkunft: Brakelsiek
Lebensphasen:
1847 Auswanderung in die, USA
18.05.1847 Einreisehafen, New York, Schiff: Matilda
1847 angegebenes Ziel, USA


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