Auswanderung Lippe-USANaturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V. |
Personenstandsarchiv Detmold
D72 Nachlaß Petri Nr. 11 Auswandererbriefe
Das transatlantische Lippe. Schicksale und Verhältnisse der nach Nordamerika ausgewanderten Lipper.
Abschrift Simone Quadfasel
Brief 9 An meinen lieben Freund Schönlau und alle Brüder und Schwestern in Jesu Christi, die in Bösingfeld sind. Seid viel tausendmal gegrüßt! Wie Ihr wißt, habe ich den 12 Juli 1846 von Euch Abschied genommen. Den 15ten fuhren wir nach Bremerhafen. Den 21 fuhren wir zur See, wo wir gleich Sturm hatten. Den 22sten hatten welche die Seekrankheit. Meine Frau und mein Sohn lagen die ganze Zeit im Bette. Ich war immer munter. 7 Wochen und 4 Tage waren wir auf der See, wo wir vielen Sturm erlitten haben. Und so kamen wir dann endlich in Neuyork [New York] an, wo uns gleich ein Lipper entgegen kam, der sich so freundlich stellte, als ein Engel des Lichts; welcher und dazu verführte, die Reise zu bezahlen bist Fortwyn [Fort Wayne], welches uns großen Schaden machte Wer also Willens ist, zu kommen, der lasse sich ja nicht dazu verführen, sondern bezahle immer von einem Ort zum andern; von Neuyork nach Albany auf Dampfschiff; von Albany nach Buffalo auf Dampwagen; von Buffalo nach Tolidor [Toledo] auf Dampfschiff; von Tolidor nach Fortwyn auf Kanalboot; von Fortwyn bis Kolumbi [Columbus in Indiana] auf einem Wagen. Zwei Stunden von Kolumbi wohne ich in einem Blockhause. Ich esse hier recht satt, wir essen täglich dreimal Fleisch. Das Pfund Fleisch kostet einen Groschen; der Himpten Weizen kostet einen halben Thaler. Wir verdienen jeden Tag einen Thaler. Ich denke öfters an Euch, Ihr Armen. Ich wollte, daß Ihr etwas von unserm Ueberfluß hättet. Hier ist Arbeit genug. Wir brauchen hier nichts auszugeben, denn mein Sohn ist unter 21 Jahren, und ich bin 50 Jahr at. Wir leben hier recht vergnügt, und wünschen nicht wieder nach Deutschland. Hier wohnen lauter Deutsche. Hier ist noch Land genug, und viele Stellen, die schon urbar sind, hier zu kaufen. Der Acker kostet drei und einen halben Thaler. Ich wünsche, daß Ihr alle hier sein möchtet; doch will ich keinen dazu bereden. Wenn also einer oder mehrere kommen wollen, der bringe mit Kartoffelharken, Schuten (eine Mistharke kostet hier ¾ Dollar) auch Kleidung, das Schneiderlohn ist hier theuer. Wir wünschen, daß möchte ein Schneider und Schuster her kommen, die könnten hier gut leben. Sei nochmals gegrüßet, lieber Bruder, Wilhelm; grüße alle Freunde und Bekannte, Friedrich Kuhfuß, Gottlieb Budde, Friedrich Dreier, Gottlieb Hausmann und unsere Schwester, und Adolph Pape; den wünsche ich gern hier, wegen das Wild zu schießen; aber auf der See, das wirst Du wol nicht aushalten. Wenn Du hier wärest, da könntest Du Dein Vergnügen haben. Grüßet die Freunde in Alverdissen und Lemgo. Den Obermeier aus Schönhagen sein Bruder ist auch hier, und er sagt, es wäre besser hier als im Staat Missouri. Verbleibe Euer treuer Freund Ich wohne im Staat Indiana, Amt Whitley County |