Auswanderung Lippe-USANaturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V. |
Personenstandsarchiv Detmold
D72 Nachlaß Petri Nr. 11 Auswandererbriefe
Das transatlantische Lippe. Schicksale und Verhältnisse der nach Nordamerika ausgewanderten Lipper.
Abschrift Simone Quadfasel
Brief 14 Cincinnati den 13ten September 1847 Lieber Bruder! Ich kann es nicht gut lassen Dir einen Brief zuzusenden wie es mir gegangen hat auf der Reise und wie es mir jetzt geht, die Reise von Haus war sehr schlecht wegen den tiefen Schnee bis Preuß Minden von da kam ich aufs Dampfschiff nach Bremen in Bremen haben wir drei Tage gelegen da kamen wir zum Bremerhafen von hier sind wir abgefahren den zweiten Tag auf einen Zweimastenschiff auf die See, ich hatte Dir versprochen noch Nachricht zu schicken aber ich hatte keine Zeit dazu, wir haben eine Glückliche Reise gehabt wir haben gefahren vier Wochen und drei Tage auf der See unser waren 98 Personen Pasagire wovon drei in der See begraben sind, gestorben durch Krankheit eine Frau und zwei Kinder, sie waren meist alle krank aber mir hat nichts gefehlt, es war sehr kalt auf den Wasser die ganze Reise, so das wir tüchtig gefroren haben, weil wir durch die Nordsee gekommen sind, und wir Eisberge erblickten, aber ich war immer gutes Muths. So sind wir den glücklick Angelandet den zweiten Pfingsttagabend an Philadelfia eine wunderschöne Stadt die Schönste Stadt in Amerika sie ist sieben Englische Meilen lang und vier breit, die Straßen sind fünfzich bis achtzich Fuß breit und gehen alle geradeaus, die Häuser sind von lauter Ziegelsteinen vier bis fünf Stockwerk hoch der Pement mit Preßziegel gepflastert, von Philadelfia sind wir fortgemacht den zweiten Tag auf Eisenbahnen bis Columbia 8 Meile von hier auf den kleinen Kanaal mit Schiffen von Pferden gezogen jetzt wieder auf Eisenbahnen wo wir über zehn Berge gekommen sind durch ein Seil herauf gezogen und heruntergelassen, dieses Seil wurde mit einer Maschine getrieben aber nicht mit Lockemotive, die Seile liefen auf Rollen von hier wieder auf Kanalschiffen von Pferden gezogen bis Pietsburg eine Stadt wo lauter Maschinen sind viele Eisengießereien eine große Fabrickstadt, so sind wir durch zwei Berge gefahren durch einen mit einen Dampfwagen einen mit Kanalschiffen diese beidete Kanäle sind durch Menschen gemacht. Von Columbia nach Pietsburg geht auch ein kleiner Fluß aber der kann nicht benutzt werden weil sich darinnen lauter Steinfelsen befinden und deswegen ist nebenlangs ein Kanal gemacht, zu Pietsburg kamen wir auf ein Dampfschiff bis Cincinnati die Reise von Philadelfia nach Cincinnati haben wir gefahren in 13 Tagen einen Weg von neunhundert Englischen Meilen eine Englischemeile sind zwanzich Minuten, von Columbia bis Cincinnati habe ich nichts anders gesehen als Flüsse und Berge in Amerika gibt es viel mehr Berge wie in Deutschland wovon Steinfelsen Kuhlen gruben und Weinberge sich befinden, so sind wir glücklich mit Gottes Hilfe nach Amerika hingekommen nach Wilhelm Pieper aus Waddenhausen seinen Vetter Strunk aus Lieme da haben wir achttage unsern Aufenthalt gehabt. So sind wir jetzt den in Arbeit, ich bin auf der Ziegelei als Karrmann, ich verdiene des Monats 24 Dollar ohngefähr täglich einen Dollar bei einen Englischen Herrn. Ein Dollar sind hundert Cens ein Preußischer Thaler sind 64 Cens ein fünf Frankenstück 95 Cens ich muß die Woche 1 ½ Dollar Kostgeld geben, so habe ich doch die Woche 3 Dollar frei Geld aber die Arbeit geht hier geschwind wir fangen des Morgens 5 Uhr an zu Arbeiten so sind wir des Nachmittags um 2 bis 3 Uhr fertig und den haben wir Feierabend und habe meinen Dollar verdient jeden Tag machen wir 5000 Steine und werden unterm freien Himmel gemacht ich muß hier eben so stark Arbeiten wie in Deutschland die Steine sind hier 9 Zoll groß, bei dieser Stadt sind gewiß vierzich Ziegeleien, aber was sie nur machen können das wird alle abgeholt in dieser Stadt sind vorigem Sommer 160 Häuser gebaut und so geht es jedes Jahr was weggeziegelt wird werden Straßen angelegt, diese Stadt ist 4 mal so groß wie die Stadt Lemgo und 3 mal so schön. Simon Kleineerfkamp aus Wüsten ist in der Eisengießerei er bekommt die Woche 5 Dollar, Pieper aus Waddenhausen ist Handlanger bei den Mauerleuten er verdient täglich 1¼ Dollar. Zimmerleute verdienen hier täglich 1½ Dl. Schneiderhandwerk ist hier das beste, Mauerleute täglich 2 ½ D. was sind wir 3 Leutchen sehr vergnügt, das uns der liebe diesen Weg gewiesen hat hätte ich vor 8 Jahren nach Amerika gemacht so ware ich 1000 … [?] Reicher gewesen. Habt ihr Lust diesen Frühjahr mir zu folgen so säumet nicht, nach meiner Aussicht wird es euch nicht gereuen, lieber Bruder ich bin sehr Gesund gewesen nur blos im Anfange als ich hier kam bin ich etliche tage klimakrank gewesen, einen Ausschlag auf den Beinen, das war unter 4 Tagen weg, das macht das es hier Wärmer ist, die Sonne schein hier steiler, aber die Tage sind hier nicht so lang 2 Stunden kürzer im Sommer, des Winters 2 Stunden länger, wen es hier 12 Uhr Mittag ist so ist bei euch 7 Uhr Abend. Lieber Bruder und Schwester wenn ihr kommen werdet so bringet unsere Schwester auch mit. Mädgens verdienen hier in Städten die Woche 1 ½ Dol. Bei etlichen 2 D. arbeiten brauchen sie nicht blos Putzen Waschen und was vom Markte holen. Mannsleute müssen hier Arbeiten aber wer hier Arbeitet der kann hier leben so gut als der Bauer in Deutschland, hier gilt der Arme so viel wie der Reiche hier ist frei Land kann ein jeder thun was er will. So lange als ich hier gewesen bin habe ich noch keinen Armen Menschen gesehen hätten die Armenleute bei euch nur das Fleisch was hier täglich auf die Straße geworfen wird es gibt hier täglich 3 mal Fleisch, Kaffer [?] ist die Suppe es gibt hier nicht als Weißbrod wenig Rogb., der Spanische Weitzen wächst hier am meisten der gibt hier 12 Fuß, in die Höhe das macht der Warme Klima. Viehzucht schön stolze Pferde stolze Kühe usw. Jetzt muß ich abbrechen und meine Worte schließen. Gegrüßt seid Ihr von mir Bruder und Schwester Vater und Mutter grüßet alle gute Bekannte die nach mir fragen thun, eine jede Person die noch frank und frei ist, der steht sich hier viel besser als in Deutschland, so Grüßet sie alle, ich denke aber wol nicht die Rückreise wieder zu machen, auch einen Gruß mein lebenlang. |