Anna Katharina Wilhelmine Sophie Berkemeier (Berkemeyer, Büker)
Base väterlicherseits der Vorgängerin:
Q1 Q15
* 13.08.1837 Augustdorf, ~ 20.08.1837 Augustdorf
† 1923 Hope, Osage (Missouri)
Vater: Johann Friedrich Christoph Berkemeier (Berkemeyer)
Mutter: Henriette Justine Karoline Böger (Berkemeier)
Herkunft: Augustdorf, Nr. 47
Lebensphasen von Anna Katharina Wilhelmine Sophie Berkemeier:
1854 Auswanderung in die, USA
Notizen zu Anna Katharina Wilhelmine Sophie Berkemeier:
weitere Quellen: Lippischer Kalender, Jahrgang 1955, S.42/43
darin:
Man schreibt das Jahr 1855. Dies ist der Brief, den die 17jährige Anna Berkemeyer an ihren alten Lehrer sandte:
Lieber Herr Lehrer!
Nun sind es schon fünf Monate, daß wir von Augustdorf fortgemacht sind. Aber ich hatte zum Schreiben keine Gelegenheit. Wir sind ja immer noch nicht auf unserm Platz. Ich kann aber diesen Brief mit bei einen andern beilegen. So will ich schreiben, wie es uns seither gegangen ist. Oh, lieber Herr Lehrer, Sie haben uns früher den schönen Spruch gelernt: "Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten!" Das erste haben wir nun in reichem Maß gehabt. Doch ich will von Anfang an erzählen.
Bögers brachten uns ja mit dem Wagen bis nach Erder. Da waren denn schon eine Masse Leute, die alle nach Amerika wollten. Wir wurden auf die Böcke verladen und fuhren ganz die Weser herunter bis Bremerhaven. Das war eine ganz lustige Reise. Wir Mädchen haben alle die schönen Lieder gesungen, die wir bei Ihnen gelernt haben Wir haben auch gleich eine gute Bekanntschaft gemacht, das ist die Familie Christoph Hoffmann aus Barntrup. Die haben auch drei Kinder und ist die Älteste 14 wie unser Lina. Und die beiden Kleinen wie Fritz und Hermann. Die Eltern konnten sich auch gleich gut verstehen und sind zusammengeblieben. Wollen auch die Farmen zusammen haben. Es ist gut, wenn man gute Nachbarn hat.
Nun aber in Bremerhaven, da haben wir lange gelegen und kamen dann auf das englische Schiff. Da ging unser Leiden los. O, es ist gar nicht zu beschreiben. Es waren auf dem Schiff bei die 500 Menschen und war so eng und voll. Wir vier Kinder mußten in einer Koje schlafen, und die Eltern haben die kleine Jette mit in die Lade genommen. Es war gut für die erste Zeit, daß wir viel Hartbrot und Speck mithatten, sonst hätten wir wohl verhungern müssen. Acht Wochen haben wir auf dem Meer geschwommen. Es war auch ein großer Sturm, da sind wir alle ganz krank gewesen und meinten, wir müßten sterben. Aber nachher der Durst war noch schlimmer.
Dann aber kam das große, große Leid. Da sind so viele gestorben. Jeden Tag wurden die Leichen in die See geworfen. Es war schrecklich. Da ist auch unser liebes, kleines Jettchen gestorben. Wir haben alle viel geweint. Und wenn wir uns nicht hätten trösten können mit Gottes Wort, dann hätten wir diese schwere Zeit wohl nicht durchgestanden. Vor den englischen Matrosen mußte man bange sein und sich immer verstecken. Das Schiff hatte nicht genug Frischwasser mit. Darum sind auch so viel gestorben.
In New Orleans war die große Seereise endlich vorbei. Wir haben Gott gedankt. Dann kamen wir auf ein anderes Schiff. Ich habe nie gewußt, daß es ein so großes Flußwasser gibt. Wir sind sechs Wochen auf dem Mississippi gewesen bis St. Louis. Aber es war diesmal eine schönere Reise, haben auch gut zu essen gehabt und zu trinken. Und habe gesehen, wie groß, groß Amerika ist und noch viel Platz hat. Ließ sich viel davon schreiben.
In St. Louis sind wir wieder umgeladen und fuhren den großen Fluß Missouri herauf bis Hermann. Das ist eine kleine Stadt und wohnen lauter deutsche Menschen hier. Und haben uns gut aufgenommen und haben es nun wieder gut soweit. Aber wir müssen noch etwas hier bleiben, weil noch Winter ist, bis wir hinkönnen und unsere Farm bauen. Verdienen aber alle schon Geld hier, indem Vater beim Zimmern hilft und Mutter wäscht. Und Lina und ich helfen bei andern Leuten im Haus. Fritz und Hermann gehen in die deutsche Schule. So kommen wir gut durch den Winter. Wäre noch viel zu sagen. Doch andermal.
Viele, viele Grüße, auch an alle Bekannten, auch von Vater, Mutter, Fritz und Hermann. Aber die kleine Jette ist tot.
In Dankbarkeit geschrieben von Ihrer früheren Schülerin Anna Berkemeyer.
Kinder: -
Verdenhalven: VH1_011_1107
Forscher: Simone Quadfasel
Quellen: Verdenhalven /XI1107, Biere
Letzte Änderung: 24.04.2016
© Olaf Biere, Vahlhausen (32805 Horn-Bad Meinberg)
Stand: 26.12.2019 11:05:17
Erstellt mit dem Genealogieprogramm GFAhnen 19.0
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